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SCHWACHHAUSEN Magazin | September-Oktober 2014

Gustav Mahler schottete sich zum Komponieren vom pro- fanen Getümmel der Welt ab. Ganz anders Thomas Kürstner und Sebastian Vogel: Sie stehen am Bremer Hauptbahnhof und zeichnen die Ge- räuschkulisse durchfahrender Güterzüge auf. Auf diesem Weg gewinnen sie Klangmaterial für ihre Komposition, die unter dem Titel Anna Karenina. Drei Atmosphären am 25. Oktober im Theater Bremen zur Ur- aufführung kommt. Der Ort, den sich Kürstner und Vogel für ihre Aufzeichnungen gesucht haben, ist natür- lich nicht willkürlich gewählt. Denn ein Bahn- hof ist der Ort, an dem Anna Karenina zum ersten Mal auf den jungen Offizier Wronski trifft: Hier beginnt ihre unglückliche Liebesgeschichte und dort endet sie auch, wenn sie sich fast 1200 Seiten später verzweifelt vor einen Zug wirft. Der Autor, Regisseur und Stutt- garter Schauspielintendant Armin Petras hat die Romanvorlage Tolstois im Jahr 2008 für die Bühne bearbeitet. Er überführt die Handlung aus dem zaristischen Russland in die Gegenwart und bedient sich dabei einer Sprache fast lakonischer Beiläufigkeit. Die epische Form des Romans bleibt dadurch erhalten, dass Petras Reflexionen und Beschreibungen einarbei- tet, in denen die Figuren über sich und ihre Lebenssituation sprechen und die Vorgänge des Romans erzählen. Die Geschichten der drei unter- schiedlich (un-)glücklichen Liebespaare, die im Zentrum des Romans und des Stückes stehen, werden so gewissermaßen fast rückblickend erzählt. Diesen Aspekt greifen die Komponisten Thomas Kürstner und Sebastian Vogel musikalisch auf. Ihre Musik verbindet die verfremdeten Tonauf- nahmen mit Zitaten von Bach und Beethoven, verknüpft den Klang der Bremer Philharmoniker mit Synthesizerklängen. Die Musik wird filmisch, die Emotionen versachlicht. Berührend sind sie trotzdem – oder gerade deswegen, weil sie sich des Außergewöhnlichen entledigen und alltäglich bleiben. Das, was so entsteht, ist keine Oper im klassischen Sinne, sondern ein fa- cettenreiches Musiktheater, das sich erst im Zusammenspiel von Musik, Gesang, Szene, Kostüm und Video zu einem Ganzen verbindet. Die Musik, die sich noch während des Probenprozesses stetig verändert, um- kreist dabei die psychischen Konstellationen der Protagonisten immer wie- der neu. Kürstner und Vogel sprechen daher auch von einer „ersten psychotherapeutischen Sitzung mit Gesang“. Während die Kostüme durchaus historisch anmuten, wird durch das Bühnenbild im Zusam- menspiel mit dem Video eine klare Gegenwärtigkeit erzeugt. Die Ge- schichte einer Frau, die bereit ist, für ihre Liebe aus den Zusammenhängen ihres bisherigen Lebens zu fliehen, für ihr Glück alles aufs Spiel zu setzen und die dabei letztlich auf tragische Weise scheitert, ist immer noch ak- THEATER BREMEN Anna Karenina. Drei Atmosphären von Thomas Kürstner und Sebastian Vogel Text von Armin Petras nach dem Roman von Leo Tolstoi tuell – auch wenn sich die gesellschaftlichen Konventionen in den letzten Jahrzehnten grundsätzlich verändert haben. Doch alles zu dürfen macht nicht automatisch glücklich. „Ist es besser, sein Glück zu behalten, nur einen Moment, ohne die Wahrheit zu erfahren, oder alles zu wagen und unweigerlich zu verlieren?“, fragt sich Lewin zu Beginn des Stückes. Die Antwort bleibt schwierig. Musikalische Leitung: Clemens Heil, Regie: Armin Petras Premiere: Samstag, 25. Oktober um 19.30 Uhr im Theater am Goethe- platz www.theaterbremen.de T H E A T E R B R E M E N SCHWACHHAUSEN Magazin | September - Oktober 201458 Verlosung! 3 x 2 Karten für die Vorstellung am Mittwoch, 12.11.14 um 19.30 Uhr im Theater am Goetheplatz Einfach eine E-Mail bis zum 20.10.14 an: gewinnen@ schwachhausen-magazin.de Der Rechtsweg ist aus- geschlossen. TEXT | SYLVIA ROTH Anna Karenina ist die Geschichte einer Frau, die bereit ist, für ihre Liebe und ihr Glück alles aufs Spiel zu setzen und dabei letztlich auf tragische Weise scheitert

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