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SCHWACHHAUSEN Magazin | September-Oktober 2014

SCHWACHHAUSEN Magazin | September - Oktober 2014 21 Direkt an einem Tiergehege im Bürgerpark entdeckt Marlene Gier- schewski einen Gemeinen Schwefelporling auf einem Baumstumpf. „Ei- gentlich wächst der nur auf frischem Holz“, sagt die 63-Jährige. Die Lehrerin in Altersteilzeit vermutet, dass das Wurzelwerk des Baum- stumpfes noch gut intakt ist. Junge, saftige Schwefelporlinge sind essbar und schmecken gegart nach Hühnchen. Das hat dem Pilz im englischen Sprachraum den Namen „Chicken of the Woods“ eingebracht. „Der Bür- gerpark ist zum Sammeln von Pilzen eigentlich nicht geeignet“, sagt Gier- schewski. Aus ihrer Sicht soll nämlich die grüne Lunge Bremens naturbelassen bleiben. „Man sollte die schönen Pilze stehen lassen und ge- nerell auf den Wegen bleiben“, sagt Gierschewski. Auch der Bremer Pilzexperte Simon Makhali rät davon ab, mit einer gan- zen Horde durch das Unterholz zu trampeln. Und das nicht nur in öko- logischer Hinsicht, sondern es sei auch nicht sinnvoll, was die Speisepilze angeht. Eine Suche im total verkrauteten Unterholz könne man sich ge- nerell sparen. Es reiche aus, immer mal wieder vom Weg aus zu gucken. Steinpilze stehen manchmal sogar mitten auf dem Weg, wenn auch nicht unbedingt im Bürgerpark. Bessere Sammelgebiete findet man laut Marlene Gierschewski zum Beispiel in der Garlstedter Heide. In Naturschutzge- bieten ist es grundsätzlich verboten, Pilze zu sammeln. „Die Biologie unterscheidet zwischen Tieren, Pflanzen und Pilzen“, sagt Simon Makhali, Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für My- kologie. Das größte Lebewesen der Welt ist sogar ein Pilz. Der riesige Hal- limasch erstreckt sich über neun Quadratkilometer, das entspricht etwas mehr als 1.200 Fußballfeldern. Erst im Jahr 2000 wurde das Monster- wesen entdeckt. Dieser Hallimasch wächst seit 2400 Jahren im Unter- grund des Malheur National Forest in Oregon, USA. Der eigentliche Pilz ist nämlich ein Fadengeflecht („Myzel“) unter der Erde oder im jeweili- gen Substrat. Pilze haben verschiedene Funktionen. Einige leben in Symbiose mit Bäu- men und versorgen diese mit bestimmten Nährstoffen. Andere Pilze, wie der Grünblättrige Schwefelkopf haben eine Art Aufräumfunktion. Sie zer- setzen totes Material. Marlene Gierschewski sammelt und kocht Wildpilze nur maximal einmal im Monat. Denn 28 Jahre nach Tschernobyl sind Wildpilze immer noch radioaktiv belastet. Der Pilzexperte gibt eine vorsichtige Entwarnung. Es gebe sicherlich nach wie vor Gebiete in denen Pilze stärker radioaktiv be- lastet sind, wie zum Beispiel im Bayrischen Wald. Aber es betreffe längst nicht alle Pilze, sondern nur bestimmte Arten, die radioaktives Cäsium- 137 aufsaugen. Dieses verwechseln die Pilze mit Kalium, das sie für den Aufbau ihrer Zellwände nutzen. Die Zellwände bestehen zum Großteil aus Chitin, dem Stoff, aus denen auch Insekten sind. „Menschen können Chitin nicht verdauen. Das allermeiste, was man an radioaktiv belaste- tem Pilzmaterial zu sich nimmt, wird wieder ausgeschieden. Trotzdem sollte man bei stark belasteten Pilzen vorsichtig sein“, sagt Makhali. Schlimmer empfindet der 44-Jährige die Belastung durch Schwermetalle an stark befahrenen Straßen. Auch im Bürgerpark würde Makhali nicht unbedingt Speisepilze sammeln. „Der Bürgerpark ist eben auch ein be- liebtes Ziel für Menschen mit Hunden“, sagt der hauptberufliche Schau- spieler und Dramaturg. Simon Makhali (Mitte) ist Pilzsachverständiger bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie Auch den Gemeinen Schwefelporling kann man im Bürgerpark entdecken. Sie sind essbar und schmecken gegart nach Hühnchen. P I L Z E I M B Ü R G E R P A R K

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