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SCHWACHHAUSEN Magazin | September-Oktober 2014

SCHWACHHAUSEN Magazin | September - Oktober 2014 63 HERZSPORTLER in Feierlaune Ganz gemütlich schippert die „Gräfin Emma“ die Weser stromabwärts. Es ist einsam ge- worden an den Ufern nördlich von Farge, wo nur noch wenige Lichter und der aufge- gangene Mond die Szenerie erhellen. Das 20-jährige Bestehen der Herzsportgruppe wird auf der „Grafin Emma“ ausgiebig gefeiert Bremen 1860 Baumschulenweg 8-10, 28213 Bremen Tel. (0421) 21 18 60 www.bremen1860.de Es könnte richtig idyllisch sein, ginge da auf der „Gräfin Emma“ nicht gerade so richtig die Post ab. „Anton aus Tirol“ schallt es aus den Lautsprechern, dazu zieht eine Polonaise über das Oberdeck. Was hier unterwegs ist, ist allerdings keine normale Partygesellschaft. Hier feiern 90 Frauen und Männer, die fast alle schon einen Herzinfarkt hinter sich haben, hier feiert Bremen 1860 das 20-jäh- rige Bestehen seiner Herzsportgruppe. Und dass alle Beteiligten da so kräftig feiern und bestens aufgelegt sind, ist wohl der schönste Beweis dafür, dass das regelmäßige Training Früchte trägt. „Ich hätte das damals nicht gedacht, dass ich wieder so gut auf die Beine kommen würde. Eigentlich wollte ich noch nicht einmal an einer solchen Gruppe teilnehmen, weil ich dachte, es bringt doch sowieso nichts“, erin- nert sich Jutta Fischer. Erst die Überredungs- künste ihres Arztes lotsten die damals 82-Jährige zu 1860. Nun, zwei Jahre später ist sie glücklich, dass sie diesen Schritt ge- wagt hat. „Da kann man ganz erstaunliche Fortschritte miterleben, wenn aus Kranken wieder ganz lebenslustige und fitte Leute werden“, sagt Rosi Wahl. Bremens Vorzeige-Seniorenturne- rin, die früher als Kinderkrankenschwester und Heilpraktikerin arbeitete, hat 1994 die Herzsportgruppe aus der Taufe gehoben. Und auch mit inzwischen 76 Jahren steht Rosi Wahl Woche für Woche als Übungsleiterin mit „ihren“ Herzsportlern in der Halle. Was seinerzeit mit drei Teilnehmern begann, ist zwei Jahrzehnte später zu einer stattlichen Abteilung angewachsen. „Heute haben wir im Verein drei Gruppen mit jeweils 18 bis 20 Aktiven“, berichtet Rosi Wahl, die als „Mutter der Kompanie“ den ganzen Laden zusammenhält und genau die gleiche Fürsorglichkeit wie Strenge an den Tag legt, was ihr den Spitznamen „Feldwe- bel“ einbrachte. Nicht nur, weil sie ihre Schützlinge im Training immer ordentlich rannimmt, sondern auch, weil sie keine Aus- reden akzeptiert, nicht zum Herzsport zu er- scheinen. Deswegen sind die Übungsstunden auch in den Ferien voll und selbst gestandene Männer trauen sich nicht, abzusagen. Ohnehin herrscht ein besonderer Zusammen- halt und eine fast schon emotionale Basis zwi- schen den Herzsportlern. Vielleicht deshalb, weil sie alle das gleiche Schicksal teilen, viele schon einmal dem Tod ins Auge geschaut haben. Die vierstündige Bootstour ist übrigens eben- falls Teil der Therapie und Motivation. Denn die Kombination aus Wieder-fit-Werden und Geselligkeit gehört auch zum Konzept der Herzsportgruppe. Deshalb treffen sich die Teil- nehmer auch regelmäßig zu gemeinsamen Ausflügen, Wanderungen oder auch einmal einem Theaterbesuch. Herzstück des Koronarsports ist natürlich das wöchentliche Trainingsprogramm. Dabei geht es nicht nur darum, die körperliche Fitness wiederherzustellen, sondern auch darum, überhaupt wieder Vertrauen in die eigene Lei- stungsfähigkeit zu schaffen. Und deshalb kann Rosi Wahl die Herzsportler auch an diesem Abend richtig fordern. Mit Po- lonaise und natürlich darf auch eine kleine Gymnastikeinheit nicht fehlen. Und wenn der Party-Feldwebel die Kommandos „Vor, vor! Taille, Hüfte, Po! Hüpfen, klatschen und dre- hen, drehen!“ über das Oberdeck schmettert, dann hält es keinen Herzsportler mehr auf sei- nem Sitz. Auch Peter Scheuer war begeistert von der Tour: „Für eine Landratte ist diese Fahrt doch eine tolle Sache gewesen“, so der 1860-Präsi- dent, der nichts dagegen hätte, wenn in fünf Jahren zum 25-jährigen Bestehen der Herz- sportgruppe die nächste Bootstour auf dem Programm stünde. „Aber wenn das mit dem großen Zulauf so weitergeht, dann brauchen wir wahrscheinlich ein größeres Schiff.“ Lars Lenssen

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