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SCHWACHHAUSEN Magazin | November-Dezember 2014

SCHWACHHAUSEN Magazin | November - Dezember 201450 Erzählen Sie uns doch Ihre ersten Erfahrungen mit MOBILI LIBRI. Gibt es eine Erfolgsformel, wie man Kinder am besten für das Lesen begeistern kann? Das Pilotprojekt fand in der Grundschule an der Freiligrathstraße statt. Der Lesekoffer mit je 60 Büchern pro Klasse wurde für mehrere Monate von den Verlagen Oetinger und Ravensburger gestiftet und die Lehrkräfte sollten den Kindern das Nutzungsprinzip des Bücherkoffers erläutern. Be- reits nach Abschluss dieses ersten Projektes war mir klar, dass es den mo- bilen Lesekoffer nur noch in Verbindung mit mir zusammen und mit speziellen Einführungs-, und Abschluss-Projekttagen geben würde. An- sonsten wäre der Erfolg einfach verpufft – und die ganze Arbeit umsonst. Denn die Begeisterung, mit der man selbst Bücher vorliest, trägt maß- geblich dazu bei, dass auch bei den Kindern eine entsprechende Begeis- terung entfacht wird. Das gilt übrigens auch für zu Hause: Wenn viel vorgelesen wird und Bücher grundsätzlich einen hohen Stellenwert ein- nehmen, geht man als gutes Vorbild voran. Genau das ist meiner Mei- nung nach der Schlüssel. Dennoch: Kind ist nicht gleich Kind. Und Elternhaus ist nicht gleich Elternhaus. Lassen sich irgendwelche Pauschalaussagen über die Lesemotivation von Kindern treffen? Die Freude am Lesen ist keine Frage von Herkunft oder Geld. Aber wie ich schon sagte: Wenn man selbst kein Interesse an Büchern zeigt, wird es schwer, dem Kind eine andere Einstellung zu vermitteln. Natürlich wird nicht aus jedem Kind, dem regelmäßig vorgelesen wurde, selbst eine Leseratte. Aber alleine durch das Vorlesen erweitert sich der passive Wort- schatz ungemein. In der Kinderarztpraxis Dr. Martin Schacht haben Sie seit 2011 einen festen Tag in der Woche, an dem Sie Kinder und deren El- tern zum Thema Lesen beraten. Was genau steckt hinter dem Konzept? Es gibt heute nach wie vor viele Kinder, die Leseschwierigkeiten haben. Damit verbunden sind meist fächerübergreifende Probleme in der Schule. Denn wer einen Text nicht versteht und inhaltlich erfasst, dem fällt es schwer, Aufgaben richtig zu lösen. Herr Dr. Schacht erkundigt sich in seinen Beratungsgesprächen nebenbei auch nach der Lesefähigkeit. Im Anschluss wird bei Bedarf ein Einzelge- spräch mit mir empfohlen und ein Nachmittagstermin mit dem Kind in der Praxis vereinbart. Bei diesem Gespräch versuche ich herauszufinden, auf welchem Lesestand das Kind steht. Beispielsweise, ob ein Viertklässler eigentlich noch auf dem Lesestand eines Erstklässlers ist. Daraufhin erstelle ich eine umfangreiche, dem Niveau des Kindes angepasste Literaturliste sowie eine Titelliste zum Vorlesen für die Eltern. Und mehr braucht es an Unter- stützung eigentlich nicht. Ein Beratungsgespräch mit mir kostet einmalig 50 Euro. Ihnen sind während Ihrer Tätigkeit an den Schulen hauptsäch- lich Kinder aus sozial schwachen Stadtteilen ans Herz gewach- sen. Worin begründet sich das? Ja, das stimmt. Ich möchte einfach Kindern, die aufgrund ihrer Herkunft nicht unter den besten Bedingungen aufwachsen, das Erlernen der deut- schen Sprache erleichtern. Bei vielen ist es ja so, dass sie nur in der Schule die Möglichkeit haben, Deutsch zu sprechen, zu schreiben und zu lesen. Die restlichen 18 Stunden leben diese Kinder in ihrer eigenen Kultur. Über all die Jahre waren Sie darauf angewiesen, dass die Aktionen von MOBILI LIBRI zum Großteil durch Spenden finanziert wer- den konnten. Wie offen sind die Bremer für das Thema Bildung durch Lesen? Im Gespräch sind zunächst alle offen. Bildung ist schließlich eine hehre Angelegenheit, mit der man sich gerne schmückt. Wenn es dann aber ums Eingemachte geht, wird es meist anstrengend. Meinen besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle dem Kaufhaus Lestra aussprechen, das ganze drei Schulen unterstützt hat (der Gesamtumsetzungswert pro Schule für die Lesekoffer-Aktion liegt bei 3.500 Euro). Und dem finan- ziellen Engagement des Jaguar-Autohauses Woltmann ist es zu verdan- ken, dass die „Fordergruppe Deutsch“ der Vahrer Schule an der Witzlebenstraße umgesetzt werden konnte. Eine ganz tolle Aktion: Die besten Deutsch-Schüler wurden ein Jahr lang von mir gesondert unter- richtet - mit dem Ziel, noch besser zu werden. Denn gerade Kinder an Schulen in sozial schwachen Stadtteilen haben kaum Chancen im Klas- senverbund zielführend gefördert zu werden. Für die Bremer Grundschulen würde ich mir natürlich noch mehr sol- cher Aktionen wünschen. Herzlichen Dank für das Interview! Andrea Mierig erklärt Schülerinnen und Schülern die Rotation der Bücherboxen innerhalb einer Grundschule Mehr als nur Zeitvertreib: Mit jedem Buch er- weitert sich der Wortschatz eines Kindes und gleichzeitig erlernt es die richtige Schreibweise

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