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SCHWACHHAUSEN Magazin | Juli-August 2014

SCHWACHHAUSEN Magazin | Juli - August 2014 59 Die Ausstellung „Den Teufel im Leib“ gewährt einen Einblick in den be- deutenden, aber bisher kaum erforschten Bestand italienischer Renais- sancegrafik im Bremer Kupferstichkabinett. Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen berühmter Künstler dienten als Vorlagen der gezeigten Blätter, die sich alle durch mitreißende Affekt- und Bewegungsdarstellungen aus- zeichnen. Einige Exponate entwickeln enorme Plastizität, als wären die Figuren in der Lage, aus dem Bildraum auszubrechen. Eine Furie brüllt so laut, dass es in den Ohren dröhnt; nackte Männer werfen sich ins Kampfgetümmel; der mit Dämonen ringende heilige An- tonius droht aus dem Bild zu stürzen, während Christus wie ein fliegen- der Held zur Rettung eilt – jede nur denkbare Form der seelischen und körperlichen Bewegung wurde durch die italienische Grafik des 16. Jahr- hunderts aufs Papier gebannt. Mit Beobachtungsgabe und technischem Geschick hauchten die Grafiker ihren Figuren Leben und Leidenschaften ein. Einerseits strebten sie nach würdevollen Haltungen und gemäßigter Emotionalität, andererseits steigerten sie die Affekte und Körperbewe- gungen ins Fantastische und erfüllten ihr Publikum mit freudigem Ent- setzen – vergleichbar mit den Gefühlen, die wir heute bei manch einer Kinovorstellung durchleben. Im 16. Jahrhundert wurde die Darstellung von Bewegung zu einem Schönheitsideal an sich – Figuren sollten rastlos wie züngelnde Herd- flammen sein oder sich wie Schlangen winden. Dieses als figura serpen- tinata bekannte Prinzip realisierte beispielsweise der Holzschneider Andrea Andreani in seinen Blättern mit dem Raub der Sabinerinnen von 1584: Wie bei der gleichnamigen Marmorskulptur von Giambologna in Den Teufel im Leib Affekt und Bewegung in der italienischen Grafik des 16. Jahrhunderts vom 27. August bis 23. November Florenz schraubt sich eine menschliche Spirale aus drei in sich gedrehten Figuren dynamisch in den Himmel, sodass die Komposition niemals still- zustehen scheint. Generell orientierten sich die italienischen Grafiker an den herausragenden Malern und Bildhauern ihrer Zeit, darunter Raffael, Michelangelo, Baccio Bandinelli und Tintoretto. Ihre Stiche und Holz- schnitte zitieren häufig Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen und antike Kunstwerke, wie beispielsweise den Diskuswerfer oder den Anfang des 16. Jahrhunderts in Rom entdeckten Laokoon. In der Renaissance galten diese Skulpturen als Idealbeispiele körperlicher und seelischer Animation. Darüber hinaus entwickelten die Grafiker virtuose Techniken, um die ma- lerischen Effekte und die Tiefenräumlichkeit ihrer Vorlagen einzufangen. Die Ausstellung „Den Teufel im Leib – Affekt und Bewegung in der ita- lienischen Grafik des 16. Jahrhunderts“ vereint insgesamt 49 Exponate von 29 Künstlern aus Hochrenaissance, Manierismus und einsetzendem Barock. Gezeigt werden Kupferstiche von teilweise skulpturaler Plastizi- tät, Radierungen, die sich in ihrer freieren Ausführung der Handzeich- nung annähern, und Chiaroscuro-Holzschnitte von expressiver Mehrfarbigkeit. www.kunsthalle-bremen.de Schreihals (nach Agostino Carracci), Anfang 17. Jahrhundert Seit Juni zählt der Kunstverein in Bremen 9.000 Mitglieder und ist folglich der mit Ab- stand mitgliedsstärkste Kunst- verein in Deutschland. Georg Abegg, Vorsitzender des Kunstvereins freute sich das 9.000ste Kunstvereinsmit- glied willkommen zu heißen: „Der Kunstverein in Bremen ist einmalig: Ihm gehört das Grundstück, das Museum und die Sammlung. Zwar agiert der Kunstverein im Hin- tergrund, letztlich ist er aber der Betreiber des Museums. Unsere Mitglieder sind also genaugenommen Miteigentü- mer der Kunsthalle. Es freut mich, dass wir unser 9.000stes Mitglied begrüßen konnten, denn in diesem Fall ist geteilte Kunst eine Ver- dichtung von Freude an der Kunst.“ Der Kunstverein in Bremen wurde als einer der ersten in Deutschland im Jahre 1823 gegründet und ist noch heute privater Träger der Kunsthalle Bremen. Im Laufe der über 190-jährigen Geschichte entstanden eine Sammlung mit herausragenden Gemälden und Skulpturen sowie einer der größten grafischen Bestände in Deutschland. Großzügige Stiftungen, private Spenden und Vermächtnisse sowie Zuwendungen der Stadt Bre- men bilden die Grundlage des traditionsreichen Hauses. Kunstverein in Bremen begrüßte sein 9.000stes Mitglied Georg Abegg, Vorsitzender des Kunst- vereins feierte im Juni seinen 80. Ge- burtstag und leitet seit nunmehr 20 Jahren ehrenamtlich den Trägerverein. Er war an zahlreichen maßgeblichen Entscheidungen beteiligt. Ende Juli zieht sich Georg Abegg aus seiner ehrenamt- lichen Aktivität als Vorsitzender des Vor- standes des Kunstvereins zurück.

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